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01.12.2014 | Zeit online
Neue Hoffnung auf erfolgreiche Impfung
Ebola
 


Kaum Nebenwirkungen und Antikörper im Blut: Ein erstmals an Menschen erprobter Ebola-Impfstoff könnte wirken. Für den Einsatz im Seuchengebiet Westafrikas ist es zu früh. VON 

Es ist ein winziger Hoffnungsschimmer. Angesichts der Ebola-Epidemie, die in Westafrika weiter wütet, wartet die Welt auf eine Impfung. Mehrere internationale Arbeitsgruppen testen im Eiltempo mögliche Vakzinen an Tieren. Erstmals wurde nun in den USA in einer Phase-I-Studie an Menschen ein Mittel erfolgreich erprobt. Es ging hauptsächlich darum, herauszufinden, wie sicher das Mittel ist. Der Versuch lässt aber erahnen, dass das Mittel auch wirken würde. 

Das Team um Nancy Sullivan vom US-Institut für Allergien und ansteckende Krankheiten (NIAID) impfte 20 Menschen im Labor gegen Ebola, ohne dass schwere Nebenwirkungen auftraten. Das Mittel zeigte außerdem Wirkung, die gewünschten Antikörper im Blut bildeten sich. Die Studie namens VRC 207 ist daher ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Impfung, die im Seuchengebiet Westafrikas eingesetzt werden könnte.

Die Forscher testeten ihren Ebola-Impfstoff an elf Frauen und neun Männern. Den Versuchspersonen wurde eine Spritze mit einem genetisch veränderten und unschädlich gemachten Virus gegeben, das die Antikörper-Produktion gegen Ebola ankurbeln sollte. Eine Gruppe an Versuchspersonen erhielt eine geringere Dosis als die andere. Das Mittel nennen Fachleute Chimpanzee Adenovirus Vercor Ebola Vaccinekurz cAd3–EBO.

Vier Wochen nach der Impfung fanden sich im Blut aller Studienteilnehmer, welche die höhere Dosis erhalten hatten, Antikörper gegen Ebola. Zwei von ihnen bekamen am Tag nach der Spritze jedoch hohes Fieber. Von denjenigen, die weniger von dem Stoff gespritzt bekommen hatten, bildeten 90 Prozent Antikörper. Schwere Nebenwirkungen traten – außer dem genannten Fieber in der ersten Gruppe – nicht auf.

Der Trick: ein Schnupfen-Virus im Ebola-Kostüm

Um eine Immunreaktion auszulösen, reicht es, der Körperabwehr eine Infektion mit Ebola vorzutäuschen.Dazu spritzt man den Menschen Viren, deren Erbgut man so verändert, dass sie lediglich aussehen wie der eigentliche Feind. Wichtig ist, dass an ihrer Oberfläche bestimmte Eiweiße vom Original kleben – in diesem Fall der Fingerabdruck von Ebola. Ob dahinter eine Fälschung steckt – also irgendein anderes Virus, das die Forscher nur als Schleuser benutzen – merken die Abwehrzellen im Körper gar nicht. 

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Der Ebola-Erreger lässt sich über Körperflüssigkeiten wie Blut, Speichel, Urin sowie Schweiß und Tränenflüssigkeit übertragen. Mediziner sprechen hier von einer Schmierinfektionen. Allerdings kann sich das Virus erst von Mensch zu Mensch verbreiten, sobald Infizierte erste Krankheitssymptome zeigen. Bis dies geschieht, kann es bis zu drei Wochen dauern.

Wie viele Personen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt, zeigt die Basisreproduktionsrate R0. Bei Ebola liegt R0 zwischen 1,2 und 1,8. Ein Erkrankter infiziert also im Durchschnitt bis zu zwei weitere Personen. Die Krankheit verbreitet sich langsamer als etwa Masern (R0 bis zu 18).

In der ersten Phase des Krankheitsausbruchs ähnelt Ebola einer Grippe. Die Erkrankten haben hohes Fieber, Durchfall und Erbrechen, zudem klagen sie über Muskelschmerzen. Im späteren Krankheitsverlauf kommt es häufig zu inneren Blutungen bis hin zum Organversagen, was zum Tode führen kann. Je nach Ebolatyp – es gibt fünf verschiedene – sterben 60 bis 90 Prozent der Betroffenen.

Als Transportmittel (Genfähre) für ihre Ebola-Oberflächen-Eiweiße nutzen die Forscher um Sullivan einen Schimpansen-Schnupfen-Erreger namens ChAd (chimpanzee-derived replication-defective adenovirus). Den erkennen menschliche Immunzellen nämlich nicht. So wird verhindert, dass die Genfähre angegriffen wird, bevor sie überhaupt ihre Wirkung entfalten kann.  

Finanziert wird diese Forschung von dem Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline. In einem Zwischenbericht stellte das aus mehr als 30 Forschern bestehende Team seine Ergebnisse vor. Erschienen ist er im New England Journal of Medicine (Sullivan et al., 2014). 

Herstellung würde Monate dauern

Normalerweise reicht ein so kleiner Test an nur 20 Menschen nicht aus, um ein Medikament zuzulassen. Wirklich sicher sagen, ob das Mittel gefährliche Nebenwirkungen hat und welche Langzeitfolgen eine Impfung mit sich bringen könnte, ließe sich erst, wenn das Mittel an Tausenden getestet würde.  

Angesichts der Schwere der Ebola-Epidemie in Westafrika, die sich mit herkömmlichen Quarantäne-Maßnahmen bisher nicht hat eindämmen lassen, fährt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) derzeit aber ein Notfallprogramm. Schon vor Monaten gab sie grünes Licht für den Einsatz experimenteller Mittel im Ebola-Gebiet – sprich für Medikamente und Impfstoffe, die kaum erprobt sind. Bis ein solches Mittel in Afrika zur Verfügung stünde, würden allerdings weitere Monate vergehen.  

Die Epidemie in Westafrika hat rund 5.500 Menschen getötet

Wer an Ebola erkrankt, leidet an extrem hohem Fieber, starkem Flüssigkeitsverlust, inneren Blutungen bis hin zu Organversagen. Nach Angaben der WHO sind mittlerweile etwa 5.500 Menschen an den Folgen der Infektion gestorben. Und das sind nur die von Behörden registrierten Fälle. Infiziert haben sich seit Beginn des Ausbruchs im Dezember 2013 mehr als 15.300 Menschen – hinzu kommt eine große Dunkelziffer.

Am stärksten grassiert die Seuche in Guinea, Sierra Leone und Liberia (hier eine Karte der amerikanischen Seuchenbehörde CDC), wo sich fast alle Todesfälle ereignet haben. Während es in Liberia Anzeichen für erste Erfolge in der Eindämmung der Krankheit gibt, stieg die Zahl der Ansteckungen zuletzt in Sierra Leone deutlich. Das Land bat am Mittwoch die USA um Hilfe.

Herkömmliche Quarantäne-Maßnahmen hatten den größten Ebola-Ausbruch aller Zeiten nicht verhindern können. Weil vielerorts kaum medizinische Versorgung vorhanden ist, die Aufklärung über das Virus und Hilfe aus dem Ausland zu spät kam, konnte sich der Erreger ausbreiten. Ebola ist weniger ansteckend als eine Grippe – es überträgt sich nur über direkten Körperkontakt.

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