Ob polnische Gans, griechische Trauben oder holländische Tomaten – Lebensmittel in Europa werden nach einheitlich hohen Sicherheitsstandards hergestellt. Die Europäische Union passt diese Normen aktuellen Entwicklungen an. So könnten Regelungen, die Deutschland jetzt zum Schutz gegen Dioxin in Lebensmitteln entwickelt hat, bald europaweit gelten.
Die Bundesregierung hat im Januar auf die erhöhten Dioxinwerte in Lebensmitteln mit dem "Aktionsplan für mehr Verbraucherschutz in der Futtermittelkette" reagiert. Aus Brüssel kam dazu Lob: Die Maßnahmen, die Deutschland nach dem Dioxin-Fall ergriffen habe, seien schnell, konsequent und wirksam. Mehrere EU-Mitgliedsstaaten kündigten an, sie würden das Krisenmanagement in Deutschland zum Vorbild nehmen, um eigene Mechanismen zu prüfen und zu optimieren. Bei einer Beratung des Dioxin-Skandals, ebenfalls im Januar, verständigten sich die EU-Agrarminister auf vier Punkte, um europaweit gegen Futtermittelverunreinigungen vorzugehen:
schärfere Kontrollen von Futtermitteln
die Produktion von Futtermitteln soll von anderen Produktionsströmen getrennt werden
Einführung eines europäischen Dioxin-Frühwarnsystems
Zulassungspflicht für Hersteller von Futtermitteln.
Die EU-Kommission wird hierzu genauere Vorschläge ausarbeiten. Verbraucherministerin Ilse Aigner erklärte, sie erhoffe sich von der EU noch weitergehende Maßnahmen, etwa eine europaweit verbindliche Liste zugelassener Futtermittel (Positivliste). Auch hinsichtlich der Absicherung des Haftungsrisikos der Betriebe plädierte die Ministerin für eine europäische Regelung.
Ein dichtes Sicherheitsnetz
Längst gibt es in europäischen Supermärkten Lebensmittel aus allen Teilen Europas und der Welt zu kaufen. Zur Kontrolle der Lebensmittel haben die EU und die Mitgliedsstaaten über ganz Europa ein dichtes Sicherheitsnetz gespannt.Die Produktion der Nahrungsmittel muss lückenlos nachvollziehbar sein. Auf dem Acker, im Stall oder bei der Verarbeitung von Lebensmitteln: Es gelten strenge Vorgaben für Pestizide, Antibiotika und Hormone. Die Zugabe von Zusatzstoffen, Farbstoffen und Aromen ist innerhalb der EU genau geregelt. Auch für Produkte, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, zum Beispiel Kunststoffverpackungen, gibt es Vorschriften. Die Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel gewährleistet europaweit, dass die Verbraucher über alle Zutaten, die Mindesthaltbarkeit und die Herkunft des Lebensmittels informiert werden. Die Zusammensetzung ist zum Beispiel besonders wichtig für Allergiker. Sie müssen allergieauslösende Inhaltsstoffe in ihrer Ernährung sicher ausschließen können. Und das Sicherheitssystem gilt nicht nur für europäische Produkte: Auch zum BeispielErdbeeren aus Ägypten und Soja aus China werden streng kontrolliert.
Alarmbereitschaft rund um die Uhr
Wie wichtig die grenzüberschreitende Kontrolle im Zeitalter globaler Märkte ist, zeigt sich immer wieder. So zum Beispiel im September 2008, als bekannt wurde, dass chinesische Hersteller Babynahrung mit Melamin gepanscht hatten. Dank des europäischen Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel (Rapid Alert System for Food and Feed – RASFF) waren alle Mitgliedsstaaten innerhalb weniger Stunden informiert. Die Produkte wurden vom Markt genommen. Über RASFF werden Informationen schnell und wirksam zwischen den Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission ausgetauscht, wenn in der Lebens- und Futtermittelkette ein Risiko für die menschliche Gesundheit festgestellt wird.Allein 2009 wurden 8.000 Meldungen geschickt. Das RASFF ist 24 Stunden am Tag im Einsatz. So lassen sich Lebensmittelrisiken abwenden, bevor Verbraucherinnen und Verbraucher zu Schaden kommen.
Nicht ohne Rat von Experten
Eine weitere Informationsquelle über Lebensmittelrisiken in Europa ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EBLS) im italienischen Parma. Sie erstellt Gutachten und Empfehlungen als Arbeitsgrundlage für Politik und Gesetzgebung der EU. Geht eine Bitte um wissenschaftliche Beratung ein oder sieht die EBLS selbst Handlungsbedarf, beginnt ihre Arbeit. Gutachten werden nach bewährten Methoden der Risikobewertung erstellt und anschließend von der EBLS veröffentlicht. Auch die Information der Öffentlichkeit über Risiken in der Lebensmittelkette gehört zu den Aufgaben der Behörde.
Durchsetzung und Kontrolle
Die EU-Kommission ist nicht nur an der Entwicklung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts maßgeblich beteiligt. Sie sorgt auch für die Durchsetzung der Vorschriften. Dazu prüft sie, ob diese korrekt in innerstaatliches Recht umgesetzt wurden und führt Vor-Ort-Kontrollen innerhalb und außerhalb der EU durch. Zuständig ist hierfür das Lebensmittel- und Veterinäramt (FVO) der EU-Kommission. Das Amt kann einzelne Lebensmittelerzeugungsbetriebe inspizieren. Vorrangig aber überwacht es, ob die Behörden der Mitgliedsstaaten und der Drittländer wirksam kontrollieren. Ist zum Beispiel die Einfuhr tierischer Produkte an Grenzkontrollstellen ausreichend kontrolliert? 2010 gab es insgesamt 255 Kontrollen der Brüsseler Lebensmittelwächter. Sollten die Mitarbeiter der FVO Mängel feststellen, sprechen sie Empfehlungen aus. Bei mangelhaften Kontrollen an den Grenzen wird etwa empfohlen, die zuständigen nationalen Kontrolleure fortzubilden und Grenzkontrollstellen rechtzeitig über eintreffende Sendungen zu informieren. Die betroffenen Staaten sind gehalten, die Empfehlungen umzusetzen.
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